SPIESSER Beschäftigungstherapie

Erwachsenwerden

Vom schlagartigen Erwachsenwerden der WG-Bewohner berichtet Friederike in ihrem zweiten Beitrag zum WG-Blog.

12. August 2010 - 14:40
von SPIESSER-AutorIn Die-WG.
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Beigetreten: 04.09.2009

Anne, David und ich leben jetzt alleine. Ohne Regeln, ohne Kontrolle, ohne Eltern. Aber auch ohne Erwachsene? Am Wochenende war viel los bei uns. Nein, keine fette Einweihungsparty. Nein, keine Trinkgelage. Nein, kein Schlafen bis in die Puppen.

Sondern einkaufen, streichen und putzen. Um Punkt zehn saßen wir in der Straßenbahn Richtung IKEA. Neben, zwischen, vor und hinter uns ausschließlich Menschen ab 30 aufwärts, die meisten mindestens im Alter unserer Eltern. Da saßen wir umzingelt von Grau- oder noch schlimmer Weißhaarigen. Manche waren gar komplett haarlos!

Wir stiegen mit ihnen aus, gingen neben ihnen her und kauften mit ihnen ein. Und was wir da einkauften! Mülleimer fürs Badezimmer, Töpfe für Salz und Zucker, Glühbirnen. Und als wir die Handtücher für 19 Cent das Stück sahen, freuten wir uns wie früher beim Anblick einer Flasche himmlisch-zuckriger Cola. Keine Spontankäufe. Keine Kinkerlitzchen, kein überflüssiger, aber völlig überteuerter Schwachsinn, wie ihn sich Jugendliche kaufen. Nur nützliche Dinge und trotzdem zauberten sie uns ein Lächeln aufs Gesicht. Statt 29 Euro für die bequeme Lieferung auszugeben, hoben wir uns an Regalen einen Bruch und massakrierten Leute in der Straßenbahn mit  Gardinenstangen (die billigsten natürlich).

Über ein schlagendes Schnäppchenjäger-Herz

Zu Hause angekommen, ging es nicht zum Dönerladen, es wurde auch keine Pizza in den Ofen geschoben oder sich zurück ins Bett gefläzt, sondern eingekauft. Neun Liter Wasser für 1,14 Euro, da schlug unser Schnäppchenjäger-Herz höher. Was allerdings sehr jugendlich war: nicht zu bedenken, dass diese auch nach Hause in den dritten Stock getragen werden wollten.

Putzwasserüberreste.

Es folgte ein Ausflug in den Baumarkt. Die Anschaffung eines Whirlpools haben wir wegen Platzmangels ausgeschlossen. Früher wären Kühlschrank und Herd rausgeflogen. Wer braucht die schon, wenn man einen Whirlpool haben kann? Bier kann man in der Badewanne kühlen und der Pizza-Service liefert eh warm.

Nach dem Einkauf ein Taxi nehmen statt im Regen auf den Bus zu warten? Undenkbar. Am Abend wurde der Energiehaushalt mit Körnerbrot aufgestockt und die sich anbahnende Erkältung aktiv mit heißem Tee bekämpft.

Im Putzmittelrausch

Am nächsten Tag stand ich um acht Uhr auf und  traf in der Küche eine auf einem Stuhl stehende Anne. Mit einem Lappen in der Hand stand sie da. Putzte die Küche. Wusch nicht nur schnell mal einen Löffel zum Cornflakes essen ab, sondern putzte Schränke, Herd, Spüle und Kühlschrank.

Friede schrubbt.

Was ich dort wollte? Nein, nicht frühstücken, und auch nicht mal schnell ein Glas Cola zum Frühstück konsumieren. Nein, den Wischer habe ich gesucht! Meine Mami wäre stolz auf mich: Wie ich später im Badezimmer kniete, an einem Sonntag um halb zehn am Morgen!

Die Dämpfe von Essigreiniger, Spülmittel und etwas wundervoll Chemischem, das die Armaturen zum glänzen brachte, hatten WG-Kollegen David den Rest gegeben. Statt seinen Leichnam am Ende des Tages unter einem Teppich zu verstecken, trugen wir ihn vorbildlich direkt mit dem Müll die Treppe hinunter. Wie Erwachsene.

Was ist eigentlich die SPIESSER-WG? Eine schöne Wohnung mit vier Zimmern, Küche, Bad und drei jungen Menschen, die ein einjähriges Volontariat in der SPIESSER-Redaktion in Dresden absolvieren. In diesem Jahr sind es Anne, Friederike und David.

Was machen die drei in der Redaktion? Sie arbeiten an der gedruckten Ausgabe genauso wie an SPIESSER.de. Sie schreiben Artikel, führen Interviews und recherchieren, sie sind bei Redaktionssitzungen dabei und entscheiden mit, was ins Heft und auf die Startseite kommt. Betreut werden sie dabei von fest angestellten Redakteuren. Wie sich das Leben in den vier WG-Wänden nach Redaktionsschluss gestaltet, fragt ihr sie am besten hier auf SPIESSER.de.

 Fotos: Anne Wirth

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Kommentare

14 Kommentare
  • Unheimlich, wie sauber die WG beschrieben wird.

    Unheimlich, wie es früher aussah, wenn ich den Holm besucht habe. :)

    Ein bissl putzen tut der Bude sicherlich gut. Erwachsenwerden tut dem jugendlichen Organismus dagegen gar nicht gut. Bitte lasst das putzen sein und feiert. ;)
    Achja - das mit den "alten Leuten" in der Straßenbahn kenne ich. Irgendwie ist Dresden ein Rentnerdorf. ;)

    Der Artikel ist übrigens sehr toll geschrieben.
    Man wartet auf mehr.

  • Lügner..nein wir sitzen tatsächlich abends immer zusammen. Dann trink ich Cola und Anne&David teilen sich ein Bier und trinken dabei Tee.
    Allerdings wurde schon über die Anschaffung eines Gesellschaftsspiels nachgedacht.

  • .. was wir jeden Abend spielen :-)

  • jetzt ja gepflegt zusammen skat spieln.

  • tut sie sogar auch :-)

  • eure WG müsste ja jetzt glänzen und strahlen ;)

    Putfimmel ^^

  • Überaus reinlich, überaus vorbildlich. Ich ziehe meinen Hut, ihr Streber ;)

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