Sie sind witzig, sie sind ehrlich und auch wenn nur dreiviertel von ihnen Muslime sind, haben alle „Datteltäter” etwas gemeinsam: Sie haben alle schon Diskriminierung erfahren. SPIESSERin Rebekka hat sich von Datteltäterin Farah das Konzept ihrer YouTube-Videos erklären lassen.
20. November 2017 - 13:58 SPIESSER-Autorin breakfastatspiesser.
Der Name ist durch wochenlanges Überlegen entstanden“, teilt mir Farah Bouamar zu Beginn unseres Telefoninterviews mit. „Während die Dattel besonders für Muslime eine sehr besondere Frucht und positiv konnotiert ist, erinnert das Wort ‚Attentäter’ mehr an tollwütige, vermummte Männer, die nur darauf warten, eine Bombe hochzujagen. In jedem Fall ein uncooler Begriff.“ Die aufgeweckte Philosophie- und Literaturwissenschaftsstudentin ist Teil einer YouTube-Gruppe, deren Name für alles steht, was sie mittels Satire ausdrücken wollen. Denn ihre Videos sind ein direktes „Attentat auf Lachmuskeln und Gehirne“ und sollen so dazu beitragen, Vorurteile zu überwinden.
Marktlücke „Muslimische Satire“
Nachdem sie den Mangel an Muslimischer Satire und Muslimen im Allgemeinen in der deutschen YouTube-Welt erkannt hatten, wurde am kreativen Konzept der Datteltäter gefeilt. Die Grundlage dazu lieferte De-Radikalisierungstrainer Younes Al-Amayra, die „Brücke“ der Truppe, wie Farah ihn liebevoll beschreibt, denn er brachte sie zusammen. Sie, das sind Farah, Younes, Fiete Aleksander, Sozialpädagoge im dualen Studium, und der Christ unter den Muslimen, Marcel Sonneck, der nebenbei die „BesteBar“ in Berlin betreibt. Freunde der vier werden in die Datteltäter-Videos gerne mit einbezogen. Auf meine Frage hin, inwiefern Pegida und die AfD mit ihren Videos zusammenhingen, meint Farah, sie würden genug Aufruhr machen, dem es sich entgegenzustellen gilt: „Auch wenn es auf unsere künstlerische Art und Weise ist, denke ich, dass unsere Ansicht in diesem Diskurs, der von Pegida und der AfD mitbestimmt wird, wichtig ist.“
Mit Humor zur Reflektion anregen
Mit der Hoffnung, dass weitere kreative Köpfe nachziehen würden, machten sie den ersten Schritt und begeistern seitdem mit den unterschiedlichsten kreativen Videos. Dabei geht es ihnen jedoch nicht nur um den Unterhaltungsaspekt. Egal, ob es sich um ein Video handelt, in welchem sie sich mit Radikalisierung und Instrumentalisierung von Religion auseinandersetzen, oder nur ein lockeres „sieben Typen von muslimischen Männern“: Die Datteltäter sind mehr als ein Unterhaltungskanal. „Worüber wir uns einig sind, ist, dass wir immer zum Nachdenken anregen wollen. Wir wollen Impulse geben, um Menschen zur Reflektion zu bewegen“, erklärt Farah. Ihre Videos würden außerdem die Tür zu einer Realität, die vielleicht der Mehrheitsgesellschaft gar nicht zugänglich ist, öffnen.
Preise als Kirsche auf der Sahnehaube
Bei der Grimme Online Preisverleihung haben die Datteltäter 2017 gleich zwei Preise erhalten. „Solche Dinge sind Anerkennungen, die für uns sehr wichtig sind und unser Tun noch mal bestärken“, kommentiert Farah. Viel mehr aber würden sich ihre Kollegen und sie über die positive Resonanz freuen. Und das auf allen Ebenen, egal ob online oder offline, ob von Muslimen oder nicht. Sogar Atheisten seien begeistert, erzählt mir Farah: „Sie kommentieren dann, dass sie mit Religion zwar nichts am Hut hätten, unsere Arbeit und Videos aber ziemlich gut und wichtig fänden.“ Auch wenn es aufgrund des sehr zynisch dargestellten Inhalts omnipräsente Hasskommentare gibt, gehen sie locker damit um. Zum Beispiel kommentieren sie diese in Videos, machen sich darüber lustig, wie viel Zeit so mancher mit der Verbreitung von Hass im Internet verbringt.
Doch welchen persönlichen Rat würde Farah als Muslimin Geflüchteten geben, die in Deutschland ihr Leben aufbauen möchten? „Kommt an. Partizipiert an gesellschaftlichem Tun, findet euren Platz und prägt die Gesellschaft positiv. Bereichert sie durch euer Können, durch eure Expertisen und Interessen“, antwortet Farah. Und die Gesellschaft bereichern, das haben die sympathischen Datteltäter mit ihren Videos jetzt schon geschafft.
funk ist das Content-Netzwerk von ARD und ZDF, das Online-Inhalte für 14- bis 29-Jährige bietet. Die über 60 funk-Formate aus den Bereichen Information, Orientierung und Unterhaltung findet ihr auf Facebook, YouTube, Snapchat, Instagram und auf funk.net. Die Inhalte entstehen in Redaktionen von ARD und ZDF in ganz Deutschland und zusammen mit Creatorn und Produzenten. funk arbeitet mit etablierten Köpfen der Webvideo-Szene zusammen, unterstützt und fördert aber auch Newcomer. Schaut doch mal bei den Kanälen „Das schaffst du nie!“, „Deutschland3000“ oder „Kliemannsland“ rein! Weitere Infos unter funk.net.
Text: Rebekka Hörnig
Teaserbild: Lena Schulze
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